Am 05. und 06. Oktober fand unser fünftes Arbeitstreffen in Stuttgart statt. Thematisch ging es bei diesem Treffen um „Methodenkritik“, die Teilnahme an den Vorträgen war wie bei den vorherigen beiden Treffen wieder hybrid möglich.
Eingeleitet wurde dieses Netzwerktreffen am 05.10. durch einen Vortrag von Gabriel Viehhauser zum Thema „Methodenkritik in den Geisteswissenschaften“. Er referierte über digitale Editionen und deren Unterschiede gegenüber Bucheditionen, sowie über Modelle und deren Grenzen bei der Abbildung der Wirklichkeit. All dies machte er sichtbar an einer digitalen Analyse der „Minnesangswende“, bei der von einer Objektivierung und Formalisierung des späten Minnesangs gegenüber dem frühen Minnesang ausgegangen wird. Im Sinne des Themas Methodenkritik kam Viehhauser dabei zu dem Schluss, dass Modellierungen immer zu Vereinfachungen führen und es bei der Nutzung der digitalen Methoden mehr um Repräsentativität als um Vollständigkeit geht. Die Unsicherheiten digitaler Editionen sind in dieser Hinsicht auch durchaus nützlich und gewollt, da sie die Komplexität wahren und zum eigenen Forschen anregen.
Die zweite Hälfte des ersten Tages wurde von zwei Impulsvorträgen als Grundlage zur späteren Diskussion eingeleitet. Christian Prager stellte seine Arbeit an einer Datenbank von Texten mit Abbildungen und eines Wörterbuchs der klassischen Maya („Interdisciplinary dictionary of classical mayan“) vor. Maria Hinzmann hielt ihren Impulsvortrag “Linked open data für die Literaturgeschichte: Lessons Learned im Projekt MiMoText” über das Wissensnetzwerk zum französischen Roman des 18. Jahrhunderts namens MiMoText, an dem sie mitarbeitet. In der weiteren Diskussion kamen mehrere Fragen auf, die in einer anschließenden Diskussionsrunde an Thementischen im kleineren Kreis besprochen wurden. Dabei ging es um die Möglichkeiten zur Bewältigung großer Datenmengen, um Datenprovenienzen und Vertrauen in diese, um das Komplexitätsparadoxon großer Datenmengen und um die Möglichkeit (Nach)Nutzung der Daten für alle im Sinne der LOD zu ermöglichen.
Der zweite Tag startete mit einer Reflektionsrunde zu den „Lessons Learned“ und brachte unter anderem die Erkenntnisse hervor, dass Datensätze bekannt sein müssen, um die Grenzen der Korpora zu erkennen und dass es hilfreich wäre, wenn Datenprovenienzen sichtbar gemacht würden. Darüber hinaus stellte sich die Frage, wie am besten eine nachhaltige und langfristige Bewahrung digitaler Editionen sichergestellt werden könne. Daraufhin wurde netzwerkintern noch der weitere Verlauf der Netzwerkaktivitäten besprochen, sowie die Planung des Abschlusstreffens in Darmstadt, welches im Februar 2024 stattfinden wird.